Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) vom 10. März 1998 (GVBl I S. 46) zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Kommunalen Versorgungsverband Brandenburg, des Brandenburgischen Versorgungsrücklagengese

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1.- Akteneinsichtsrecht

Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach den §§ 4 und 5 entgegenstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten.

§ 2.- Anwendungsbereich

(1) Das Akteneinsichtsrecht besteht gegenüber Behörden und Einrichtungen des Landes im Sinne des Dritten Abschnitts des Landesorganisationsgesetzes sowie gegenüber Gemeinden und Gemeindeverbänden.

(2) Das Akteneinsichtsrecht besteht gegenüber den in § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Landesorganisationsgesetzes genannten Stellen nur, soweit sie Verwaltungsaufgaben erledigen. Gegen über Forschungsanstalten, zentralen Forschungseinrichtungen, Schulen und Prüfungseinrichtungen besteht das Einsichtsrecht nur, soweit sie nicht im Bereich von Forschung, Lehre, Unterricht und Prüfung tätig werden.

(3) Das Akteneinsichtsrecht besteht gegenüber Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Gemeinden und Gemeindeverbände, deren Zuständigkeitsbereich sich auch auf andere Bundesländer erstreckt, nur, soweit sich deren Akten ausschließlich auf das Land Brandenburg beziehen.

(4) Soweit sich die aktenführende Behörde zur Erledigung hoheitlicher Aufgaben Privater bedient, besteht das Akteneinsichtsrecht gegenüber den privaten Stellen.

(5) In laufenden Verfahren wird Akteneinsicht nur nach Maßgabe des anzuwendenden Verfahrensrechts gewährt.

§ 3.- Begriffsbestimmung

Akten im Sinne dieses Gesetzes sind alle schriftlich, elektronisch, optisch, akustisch oder auf andere Weise aufgezeichneten Unterlagen, soweit diese ausschließlich amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienen. Nicht hierunter fallen Vorentwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil des Vorgangs sind und spätestens nach dessen Abschluß vernichtet werden.

§ 4.- Schutz überwiegender öffentlicher Interessen

(1) Der Antrag auf Akteneinsicht ist abzulehnen, wenn

das Bekanntwerden des Akteninhalts die Landesverteidigung oder die internationalen Beziehungen des Bundes oder eines anderen Landes berühren würde oder die Beziehungen des Landes zu anderen Staaten oder zwischenstaatlichen Einrichtungen, zur Europäischen Union, zum Bund oder zu den Ländern beeinträchtigen könnte,

durch das Bekannt werden des Akteninhalts Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen, die nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfallen, ohne deren Zustimmung offenbart würden,

sich der Inhalt der Akten auf Beratungen der Landesregierung oder Arbeiten zu ihrer Vorbereitung bezieht,

das Bekannt werden des Akteninhalts Belange der Strafverfolgung und -vollstreckung, der Gefahrenabwehr oder andere Belange der inneren Sicherheit beeinträchtigen könnte oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen könnte,

durch die Gewährung von Akteneinsicht Inhalte von Akten offenbart würden, die eine Behörde zur Durchführung eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder eines Bußgeldverfahrens erstellt hat oder die ihr aufgrund des Verfahrens zugehen oder die der Aufsicht über eine andere Stelle dienen.

(2) Der Antrag auf Akteneinsicht soll abgelehnt werden,

soweit sich der Inhalt der Akten auf den Prozeß der Willensbildung innerhalb von und zwischen Behörden oder Verwaltungseinrichtungen oder auf Vorgänge bezieht, die nach § 36 Abs. 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten oder zu beschließen sind oder in nichtöffentlicher Sitzung beraten oder beschlossen worden sind,

wenn durch das vorzeitige Bekannt werden des Akteninhalts der Erfolg bevorstehender behördlicher Maßnahmen gefährdet werden könnte,

wenn sie sich auf die Übermittlung noch nicht abgeschlossener Schriftstücke oder auf Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung bezieht oder

wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle erheblich beeinträchtigt würde,

es sei denn, daß das Interesse an der Einsichtnahme das entgegenstehende öffentliche Interesse im Einzelfallüberwiegt.

(3) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

§ 5.- Schutz überwiegender privater Interessen

(1) Der Antrag auf Akteneinsicht ist vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 abzulehnen, soweit

hierdurch personenbezogene Daten offenbart würden,

der Einsicht der Schutz geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrechte, entgegensteht oder

dadurch ein Antragsteller oder ein Dritter von einer Tatsache Kenntnis erlangen würde, die nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist, zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb in Beziehung steht und die nach dem Willen des Unternehmens geheim zuhalten ist oder an deren Geheimhaltung das Unternehmen ein schutzwürdiges Interesse hat.

§ 4 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Die Akteneinsicht kann gewährt werden, soweit

personenbezogene Daten mit Zustimmung des Betroffenen offenbart werden oder die Offenbarung durch dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift zugelassen ist,

die personenbezogenen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können und schutzwürdige Belange des Betroffenen der Offenbarung nicht entgegenstehen,

aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls im Hinblick auf den Zweck der politischen Mitgestaltung das Offenbarungsinteresse des Antragstellers das Interesse der betroffenen Person an der vertraulichen Behandlung der Information überwiegt oder

die Daten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 3 mit Zustimmung des Unternehmens offenbart werden.

§ 16 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes findet keine Anwendung.

(3) Bei Einsicht in die Akten ist auch die Offenbarung der Mitwirkung eines Amtsträgers an Verwaltungsvorgängen oder sonstigem hoheitlichem Handeln sowie dessen Namens, Titels, akademischen Grades, der innerdienstlichen Funktionsbeschreibung, der dienstlichen Anschrift und Rufnummer zulässig, es sei denn, der Offenbarung stehen schutzwürdige Belange des Amtsträgers entgegen.

§ 6.- Durchführung der Akteneinsicht

(1) Der Antrag auf Akteneinsicht muß hinreichend bestimmt sein. In den Fällen des § 4 Abs. 2 und § 5 Abs. 2 Nr. 3 sind auch die besonderen Umstände des Einzelfalls darzulegen, aufgrund derer ein überwiegendes Offenbarungsinteresse geltend gemacht wird. Der Antrag ist schriftlich oder elektronisch an die aktenführende Behörde zu richten. In den Fällen des Satzes 2 muß dem Antragsteller von der aktenführenden Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen gegeben werden. Sofern dem Antragsteller Angaben zur hinreichenden Bestimmung seines Antrages fehlen, ist er von der öffentlichen Stelle zu beraten und zu unterstützen. Wird ein Antrag bei einer unzuständigen Stelle gestellt, so ist diese verpflichtet, den Antrag unverzüglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten und den Antragsteller hierüber zu unterrichten. Der Antrag ist innerhalb eines Monats zu bescheiden; ist dies nicht möglich, so ist ein Zwischenbescheid zu erteilen. Eine Ablehnung des Antrages ist von der aktenführenden Behörde schriftlich zu begründen. Der Antragsteller ist im Ablehnungsbescheid auf sein Recht nach § 11 Abs. 2 Satz 1 hinzuweisen.

(2) Soweit der Schutz der in den §§ 4 und 5 genannten öffentlichen und privaten Belange durch Aussonderung von Aktenteilen oder Einzeldaten gewährleistet werden kann, ist dem Antragsteller der übrige Teil der Akte zugänglich zu machen. Ist die Aussonderung mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, besteht nur ein Recht auf Auskunftserteilung.

(3) In den Fällen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ist der Betroffene vor der Gewährung der Akteneinsicht anzuhören. Dasselbe gilt in den Fällen, in denen Unternehmensdaten, die nicht unter § 5Abs. 1 Nr. 3 fallen, von einer Akteneinsicht betroffen sind.

(4) Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellenbeschaffen kann oder wenn der Antrag zum Zweck der Vereitelung oder Verzögerung von Verwaltungshandlungen erfolgt.

§ 7.- Art und Weise der Gewährung des Akteneinsichtsrechts

Die zuständige Stelle bestimmt das Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen. Der Anspruch auf Akteneinsicht wird vorbehaltlich der in § 6 Abs. 2 und § 8 geregelten Ausnahmen durch Gewährung der Einsicht in die Originaldokumente erfüllt. Mit Zustimmung des Antragstellers kann das Akteneinsichtsrecht auch durch

Übermittlung von Vervielfältigungen

Dokumentationen,

elektronische Post,

Broschüren oder

Zurverfügungstellung von Informationsträgern in sonstiger Weise

gewährt werden, soweit sie die begehrten Informationen enthalten. Der Antragsteller kann auch auf Veröffentlichungen der zuständigen Behörde verwiesen werden.

§ 8.- Gleichförmige Anträge und Beschränkung auf Auskunftserteilung

(1) Das Akteneinsichtsrecht ist auf Auskunftserteilung beschränkt, wenn mehr als 50 Anträge vorliegen, die auf die gleichen Informationen gerichtet sind, und die Auskunft auch ohne den Informationsträger verständlich ist. Abweichend von Satz 1 kann auch bei weniger als 50 Anträgen die Informationsgewährung auf Auskunftserteilung beschränkt werden, wenn die Gewährung von Akteneinsicht mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre.

(2) Bei Anträgen, die von mehr als 50 Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender Texte eingereicht worden sind (gleichförmige Anträge), gelten die §§ 17 und 19 des Brandenburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.

§ 9.- Informationsrecht für Bürgerinitiativen und Verbände zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten

(1) Dieses Gesetz findet entsprechend Anwendung auf Bürgerinitiativen und Verbände zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten im Sinne des Artikels 21 Abs. 3 der Verfassung des Landes Brandenburg, soweit sie ihr Recht auf Information geltend machen.

(2) Anträge nach Absatz 1 können nur durch den Vorstand oder einen besonders hierzu Bevollmächtigten gestellt werden. In Zweifelsfällen ist gegenüber der Behörde die Vertretungsbefugnisnachzuweisen.

§ 10.- Kosten

(1) Für Amtshandlungen, die aufgrund dieses Gesetzes vorgenommen werden, werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Die Gebühren sind so zu bemessen, daß zwischen dem Verwaltungsaufwand einerseits und dem Recht auf Akteneinsicht andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht. Kostenregelungen in anderen Rechtsvorschriftenbleiben unberührt.

(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, im Benehmen mit dem Ausschuß für Inneres des Landtages die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren durch Rechtsverordnung (Gebührenordnung) zu bestimmen.

(3) Die Gemeinden und Gemeindeverbände können für Amtshandlungen, die aufgrund dieses Gesetzes vorgenommen werden, Gebühren und Auslagen erheben und dies durch Satzung regeln. Die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg finden Anwendung.

§ 11.- Beauftragter für das Recht auf Akteneinsicht

(1) Zur Wahrung des Grundrechts auf Akteneinsicht und Informationszugang wird ein Landesbeauftragter für das Recht auf Akteneinsicht bestellt. Diese Aufgabe wird von dem Landesbeauftragten für den Datenschutz wahrgenommen. Die Wahl und die Rechtsstellung des Landesbeauftragten richten sich nach den §§ 22 und 23 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes. Der Landesbeauftragte führt die Amts- und Funktionsbezeichnung «Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht» in männlicher oder weiblicher Form.

(2) Jeder hat das Recht, den Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht anzurufen. In diesem Fall hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht die Befugnisse der §§ 23, 25 und 26 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes.

(3) Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht legt dem Landtag alle zwei Jahre einen Bericht über seine Tätigkeit vor.

§ 12.- Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Potsdam, den 10. März 1998

Der Präsident des Landtages Brandenburg
Dr.Herbert Knoblich

verkündet am 19. März 1998

 

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