Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:
§ 1.- Grundsatz
(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Landes, der Gemeinden und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Organe und Einrichtungen des Landes und der Gemeinden gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlichrechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.
(2) Die Behörde kann entweder Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand.(2a) Das Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.
(3) Sofern der Zugang zu amtlichen Informationen in anderen Rechtsvorschriften abschließend geregelt ist, gehen diese mit Ausnahme von § 29 des Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetzes den Regelungen dieses Gesetzes vor.
§ 2.- Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes ist
1. amtliche Information jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung; Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, gehören nicht dazu;
2. Dritter jeder, über den personenbezogene Daten oder sonstige Informationen vorliegen.
§ 3.- Schutz von besonderen öffentlichen Belangen
Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,
1. wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf
a) internationale Beziehungen, Beziehungen zum Bund oder zu einem Land,
b) Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden,
c) Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle,
d) die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren, die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen oder die Strafvollstreckung,
2. wenn das Bekanntwerden der Information die äußere oder die öffentliche Sicherheit gefährden kann,
3. wenn und solange die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen beeinträchtigt wird,
4. wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Verschlusssachenanweisung für das Land Bremen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt,
5. hinsichtlich vorübergehend beigezogener Information einer anderen öffentlichen Stelle, die nicht Bestandteil der eigenen Vorgänge werden soll,
6. wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Landes, der Gemeinden oder der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen,
7. bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht,
8. gegenüber dem Landesamt für Verfassungsschutz und den sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, die Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen,
9. gegenüber Radio Bremen in Bezug auf journalistisch-redaktionelle Informationen.
§ 4.- Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses
(1) Der Antrag auf Informationszugang soll abgelehnt werden für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt würde. Nicht der unmittelbaren Entscheidungsvorbereitung nach Satz 1 dienen regelmäßig Ergebnisse der Beweiserhebung und Gutachten oder Stellungnahmen Dritter.
(2) Die antragstellende Person soll über den Abschluss des jeweiligen Verfahrens informiert werden.
§ 5.- Schutz personenbezogener Daten
(1) Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse der antragstellenden Person das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Besondere Arten personenbezogener Daten im Sinne des § 2 Abs. 6 des Bremischen Datenschutzgesetzes dürfen nur übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich eingewilligt hat.
(2) Das Informationsinteresse der antragstellenden Person überwiegt nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen, insbesondere aus Personalakten.
(3) Das Informationsinteresse der antragstellenden Person überwiegt das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs in der Regel dann, wenn sich die Angabe auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und Telekommunikationsnummer beschränkt und der Dritte als Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben hat.
(4) Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und Telekommunikationsnummer von Bearbeitern sind vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist.
§ 6.- Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen
Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf nur gewährt werden, soweit der oder die Betroffene eingewilligt hat oder das Informationsinteresse der antragstellenden Person die schutzwürdigen Belange des oder der Betroffenen überwiegt.
§ 6a.- Verträge der Daseinsvorsorge
(1) Hat der Antrag auf Informationszugang einen Vertrag der Daseinsvorsorge zum Gegenstand, findet § 6 Satz 2 mit der Maßgabe Anwendung, dass das Informationsinteresse der antragstellenden Person die schutzwürdigen Belange des oder der Betroffenen in der Regel überwiegt, wenn der oder die Betroffene im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder wenn der oder dem Betroffenen durch die Offenbarung der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse kein wesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen würde. Im Übrigen bleiben die §§ 3 bis 6 unberührt.
(2) Ein Vertrag der Daseinsvorsorge ist ein Vertrag, den eine Stelle im Sinne von § 1 Absatz 1 abschließt und mit dem die Beteiligung an einem Unternehmen der Daseinsvorsorge übertragen wird, der Leistungen der Daseinsvorsorge zum Gegenstand hat oder mit dem das Recht an einer Sache zur dauerhaften Einbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge übertragen wird. Zur Daseinsvorsorge gehören insbesondere die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung, die Abfallentsorgung, der öffentliche Personennahverkehr, die Energieversorgung, die Wohnungswirtschaft, die stationäre Krankenversorgung und die Datenverarbeitung für hoheitliche Tätigkeiten.
(3) Wird ein Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen bezogen auf einen Vertrag der Daseinsvorsorge gestellt, der vor dem 12. März 2011 geschlossen wurde, und stehen der Gewährung des Zugangs Bestimmungen des Vertrages entgegen, so hat die Stelle im Sinne von § 1 Absatz 1den Vertragspartner zu Nachverhandlungen und zu Anpassung des Vertrages aufzufordern. Kann innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach Zugang der Aufforderung zur Nachverhandlung keine Einigung erzielt werden, so wird der Zugang zu amtlichen Informationen gewährt, wenn das Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse erheblich überwiegt. Der Abwägungsmaßstab des Absatzes 1 ist zu berücksichtigen. Die §§ 7 und 8 bleiben unberührt.
§ 7.- Antrag und Verfahren
(1) Der Zugang zu amtlichen Informationen wird auf formlosen Antrag gewährt. Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein. Die Behörde kann verlangen, dass die antragstellende Person ihre Identität nachweist.
(2) Über den Antrag auf Informationszugang entscheidet die Stelle, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Im Falle des § 1 Abs. 1 Satz 3 ist der Antrag an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlichrechtlichen Aufgaben bedient. Betrifft der Antrag Daten Dritter im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 oder § 6, muss er begründet werden. Bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 50 Personen gelten die §§ 17 bis 19 des Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.
(3) Besteht ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Entsprechendes gilt, wenn sich der die antragstellende Person in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit einer Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt.
(4) Auskünfte können mündlich, schriftlich oder elektronisch erteilt werden. Die Behörde ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Information zu prüfen.
(5) Im Fall der Einsichtnahme in amtliche Informationen kann sich der die antragstellende Person Notizen machen oder Ablichtungen und Ausdrucke fertigen lassen. § 6 Satz 1 bleibt unberührt.
(6) Die Information ist dem der antragstellenden Person unter Berücksichtigung etwaiger von ihr angegebener Zeitpunkt unverzüglich, spätestens jedoch mit Ablauf der Frist nach Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 zugänglich zu machen. Die Frist beginnt mit Eingang des Antrags bei der Behörde, die über die Informationen verfügt und endet
1. mit Ablauf eines Monats oder
2. soweit die Informationen derart umfangreich und komplex sind, dass die in Nummer 1 genannte Frist nicht eingehalten werden kann, mit Ablauf von zwei Monaten.
§ 8 bleibt unberührt.
§ 8.- Verfahren bei Beteiligung Dritter
(1) Die Behörde gibt einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann.
(2) Die dem Antrag auf Informationszugang stattgebende Entscheidung nach § 7 Absatz 2 Satz 1 ergeht schriftlich und ist auch dem Dritten bekannt zu geben. Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung dem Dritten gegenüber bestandskräftig ist oder die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist und seit der Bekanntgabe der Anordnung an den Dritten zwei Wochen verstrichen sind.
§ 9.- Ablehnung des Antrags
(1) Wird der Antrag ganz oder teilweise abgelehnt, ergeht eine schriftliche Entscheidung, die innerhalb der Fristen nach § 7 Absatz 6 Satz 2 und 3 bekannt zu geben ist. Die Entscheidung ist zu begründen. Im Falle eines mündlichen Antrags gilt Satz 1 nur auf ausdrückliches Verlangen der antragstellenden Person.
(2) Soweit die Behörde den Antrag ganz oder teilweise ablehnt, hat sie mitzuteilen, ob und wann der Informationszugang ganz oder teilweise zu einem späteren Zeitpunkt voraussichtlich möglich ist.
(3) Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn die antragstellenden Person bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann.
§ 10.- Kosten
(1) Wird einem Antrag nach § 7 stattgegeben, werden für Amtshandlungen nach diesem Gesetz Gebühren nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. Dies gilt nicht für Handlungen gegenüber Beteiligten im Sinne des Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(2) Die Bereitstellung von Informationen darf nicht an im Voraus zu zahlende Gebühren gebunden sein. Gebühren dürfen nicht erhoben werden, wenn der Antrag auf Zugang abgelehnt worden ist.
(3) Auslagen der öffentlichen Stellen sind in jedem Fall durch die antragstellende Person zu erstatten; diese dürfen die tatsächlichen Kosten nicht übersteigen.
(4) Der Senat wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Haushalts- und Finanzausschuss die Zuständigkeit für die Erhebung der Kosten (Gebühren und Auslagen), die Kostentatbestände und die Kostensätze durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Die Bestimmungen des Bremischen Gebührenund Beitragsgesetzes bleiben im Übrigen unberührt.
§ 11.- Veröffentlichungspflichten
(1) Die Behörden sollen Verzeichnisse führen, aus denen sich die vorhandenen Informationssammlungen und -zwecke erkennen lassen.
(2) Organisations-, Geschäftsverteilungs- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten sind nach Maßgabe dieses Gesetzes allgemein zugänglich zu machen.
(3) Jede öffentliche Stelle hat insbesondere die von ihr nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes erlassenen oder geänderten Verwaltungsvorschriften von allgemeinem Interesse zu veröffentlichen.
Die Veröffentlichung unterbleibt, soweit ein Antrag auf Informationszugang nach diesem Gesetz abzulehnen wäre.
(4) Die Behörden sollen die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Pläne, Verzeichnisse und Verwaltungsvorschriften sowie weitere geeignete Informationen ohne Angaben von personenbezogenen Daten und Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in elektronischer Form allgemein zugänglich machen und an das elektronische Informationsregister nach Absatz 5 melden. Weitere geeignete Informationen sind insbesondere Handlungsempfehlungen, Statistiken, Gutachten, Berichte, Broschüren, bei den Behörden vorhandene gerichtliche Entscheidungen, Informationen, zu denen bereits nach diesem Gesetz Zugang gewährt worden ist, Senatsvorlagen nach Beschlussfassung oder bei Mitteilungen an die Bürgerschaft diese sowie Unterlagen, Protokolle und Beschlüsse öffentlicher Sitzungen.
(4a) Absatz 4 Satz 1 gilt auch für Verträge der Daseinsvorsorge, die ab dem 12. März 2011 geschlossen werden. Hierauf weist die Stelle im Sinne von § 1 Absatz 1 vor Abschluss des Vertrages hin.
(5) Die Freie Hansestadt Bremen richtet ein zentrales elektronisches Informationsregister ein, um das Auffinden der Informationen zu erleichtern. Die öffentlichen Stellen sind verpflichtet, insbesondereGesetze, Rechtsverordnungen, veröffentlichte Verwaltungsvorschriften und Dienstvereinbarungen an das Informationsregister zu melden.
(6) Einzelheiten werden durch Rechtsverordnung des Senats geregelt.
§ 12.- Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für die Informationsfreiheit
(1) Jeder kann die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit anrufen, wenn er sein Recht auf Informationszugang nach diesem Gesetz als verletzt ansieht.
(2) Die Aufgabe der oder des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit wird von der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz wahrgenommen.
(3) Die Bestimmungen des Bremischen Datenschutzgesetzes (§ § 25 bis 33) gelten entsprechend.
§ 13 (aufgehoben)
§ 14.- Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft.
Bremen, den 16. Mai 2006
Der Senat